Angestellte Fahrer, die nur leicht fahrlässig einen Schaden an einem Fahrzeug ihres Arbeitgebers herbeigeführt haben, können von dem Vollkaskoversicherer des Autos nicht in Regress genommen werden. Das gilt gegebenenfalls auch dann, wenn sie sich unerlaubt vom Unfallort entfernt haben. Dies entschied das Oberlandesgericht Dresden in einem Beschluss vom 21. August 2023 (4 U 476/23).
Ein angestellter Lkw-Fahrer war mit einem Fahrzeug seines Arbeitgebers von der Straße abgekommen. Dabei kam es zu einer Kollision mit zwei auf einem Grünstreifen befindlichen Bäumen. Der Lastkraftwagen wurde bei dem Unfall erheblich beschädigt.
Für den Schaden in Höhe von mehr als 24.000 Euro kam zunächst der Vollkaskoversicherer des Arbeitgebers auf. Vom Fahrer verlangte er, dieses Geld zu erstatten. Denn nach Schilderung des Mannes hatte dieser sich vom Unfallort entfernt, ohne eine Feststellung seiner Personalien und Beteiligung zu ermöglichen. Vom Leipziger Amtsgericht wurde der Angestellte daher zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt.
Keine Obliegenheitsverletzung
Der Mann war nicht dazu bereit, der Regressforderung nachzukommen. Denn als angestellter Fahrer sei er weder Versicherungsnehmer noch mitversicherte Person im Sinne der Bedingungen einer Vollkaskoversicherung gewesen. Er könne folglich nicht wegen einer Obliegenheitsverletzung in die Pflicht genommen werden.
Im Übrigen habe sich sein Entfernen vom Unfallort nicht auf die Feststellung des Schadens an dem Fahrzeug ausgewirkt, was zu einer Leistungsfreiheit des Kaskoversicherers hätte führen können.
Er habe nach dem Unfall unverzüglich seinen Arbeitgeber informiert, das Fahrzeug auf dessen Betriebshof abgestellt und sich bei der Geschäftsführerin gemeldet. Am anderen Morgen um sieben Uhr habe er dann bei der zuständigen Polizeidienststelle eine Selbstanzeige erstattet.
Mit dem Lkw sei er außerdem nur deswegen von der Fahrbahn abgekommen, weil das Fahrzeug nach einem Überholvorgang von einem Pkw geschnitten worden sei. Der sei jedoch weitergefahren, ohne dass dessen Fahrer hätte ermittelt werden können.
Keine Pflichtverletzung
Ebenso wie das in erster Instanz mit dem Fall befasste Leipziger Landgericht, hielt auch das von der Assekuranz in Berufung angerufene Oberlandesgericht Dresden die Regressforderung des Vollkaskoversicherers für unbegründet. Nach Überzeugung der Richter hat der Lkw-Fahrer keine Pflichten gegenüber dem Versicherer verletzt. Auch Ansprüche aus übergegangenem Recht seien nicht ersichtlich.
Die Richter schlossen sich der Meinung des Beklagten an, dass er gegenüber dem klagenden Unternehmen zu keinen Angaben verpflichtet gewesen sei. Denn er sei weder Versicherungsnehmer noch versicherte Person gewesen. Mangels eines versicherten eigenen Sachinteresses schließe sich Letzteres aus. Der Beklagte sei daher wie ein beliebiger Dritter zu behandeln.
Keine Regressansprüche des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber des Fahrers habe aufgrund der gesetzlichen Haftungsbeschränkung selbst auch keine Regressansprüche erheben können. Denn die seien nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen bei leichter Fahrlässigkeit ausgeschlossen.
Anhaltspunkte dafür, dass dem Betroffenen mehr als leichte Fahrlässigkeit vorgeworden werden könne und er nicht mehr vollständig fahrtauglich gewesen seien könnte, seien angesichts der vom Versicherer nicht widerlegten Unfallschilderung sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht ersichtlich.
Es würden sich folglich auch keine Ersatzansprüche seines Arbeitgebers ergeben, die auf den Vollkaskoversicherer hätten übergehen können.
(Quelle VersicherungsJournal 21.12.2023)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler*in – Künstler*in
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