Sehen die Versicherungs-Bedingungen nichts anderes vor, sind Wohngebäudeversicherer nicht dazu verpflichtet, im Fall eines ersatzpflichtigen Schadens dem Versicherten einen Vorschuss zu zahlen. Das hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Erfurt mit Urteil vom 20. April 2023 entschieden (8 O 1327/21).
Im Wohngebäude der Klägerin war es im Herbst 2019 wegen defekter Leitungen an einer Dusche und Badewanne im Obergeschoss zu einem Leitungswasserschaden gekommen.
Die Einstandspflicht des Wohngebäudeversicherers war unstreitig. Nach Rechnungsstellung ersetzte dieser seiner Kundin auch anstandslos erste Sanierungskosten.
Damit war der Fall aber noch nicht abgeschlossen. Denn insbesondere im Bad und der Deckenfüllung des Erdgeschosses hatte sich wegen des Schadenereignisses Schimmel gebildet.
Vorschuss von 33.000 Euro gefordert
Für die Beseitigung dieser Schäden hatte die Frau ihrem Gebäudeversicherer einen Kostenvoranschlag in Höhe von knapp 37.000 Euro vorgelegt. Anschließend verlangte sie von ihm, ihr einen Vorschuss von 33.000 Euro zu zahlen.
Das lehnte der Versicherer ab. Der Fall landete daher vor dem Erfurter Landgericht. Dort erlitt die Klägerin eine Niederlage.
Verpflichtung zur Vorleistung
Sehen die Versicherungs-Bedingungen wie auch im Fall der Betroffenen nichts anderes vor, so sind Gebäudeversicherer nach Überzeugung des Gerichts im Schadensfall nicht zu einer Vorschusszahlung verpflichtet. Dazu fehle es im Übrigen auch an einer gesetzlichen Grundlage.
Der Versicherer schulde vielmehr lediglich einen Ersatz für bereits erbrachte und abgerechnete Sanierungsarbeiten. Die Klägerin müsse mithin in wirtschaftliche Vorlage treten.
Frage der Abschlagzahlung offen
Die Frage, ob ihr eine etwaige Abschlagzahlung zugestanden hätte, ließ das Gericht offen. Denn die habe die Versicherte nicht verlangt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne im Rahmen eines Anspruchs auf eine Abschlagzahlung auch nur das verlangt werden, was einem Versicherungsnehmer mit Sicherheit endgültig zustehe. Ein Versicherer sei folglich nicht dazu verpflichtet, Vorschüsse unter dem Vorbehalt einer Schlussabrechnung zu zahlen.
Vorleistung ginge mit erheblichen Risiken einher
Auch die Tatsache, dass der Versicherer einen Teil seiner Leistungsverpflichtung auf der Grundlage bereits erbrachter, abgerechneter und von der Klägerin bezahlter Sanierungsarbeiten erbracht hatte, verpflichte ihn nicht dazu, nunmehr in erheblichem Maße in Vorleistung zu gehen.
„Im Gegenteil ist nachvollziehbar, dass die Beklagte, wie allgemein die Versicherungswirtschaft, grundsätzlich keine Vorschüsse gewährt. Eine solche Vorleistung der Versicherung ginge nämlich mit erheblichen Schwierigkeiten und Risiken einher, etwa dem Insolvenzrisiko, falls sich Rückzahlungsansprüche ergeben“, heißt es dazu abschließend in der Urteilsbegründung.
(Quelle VersicherungsJournal 31.08.2023)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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