28.08.2023
Nach Barbesuch: Schwerer Kopf und um einige Euro und den Führerschein leichter

Eine Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter begründet in der Regel die Vermutung, dass der Fahrer zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Es darf daher nur in Ausnahmefällen von der Entziehung seiner Fahrerlaubnis abgesehen werden. Dies entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einem am Montag veröffentlichten Urteil vom 8. Mai 2023 (1 Ss 276/22).
Ein Mann war im Frühjahr letzten Jahres bei einer Polizeikontrolle dabei erwischt worden, als er zu nächtlicher Stunde betrunken mit einem E-Scooter unterwegs war. Seine Blutalkohol-Konzentration betrug mindestens 1,64 Promille.
Vorausgegangen war ein Barbesuch. Bei dem hatte der Mann Wodka-Soda und Bier getrunken. Für seine Heimfahrt entschloss er sich daher vorsorglich dazu, sein Auto stehen zu lassen und einen Miet-E-Scooter zu nutzen.
Keine Entziehung der Fahrerlaubnis
Vom Frankfurter Amtsgericht wurde der Beschuldigte wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr zur Zahlung einer Geldbuße von 30 Tagessätzen zu je 20 Euro sowie zu einem Fahrverbot von sechs Monaten verurteilt. Seine Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge wurde ihm hingegen nicht entzogen.
Die Amtsanwaltschaft legte daher eine sogenannte Sprungrevision beim Frankfurter Oberlandesgericht ein. Damit hatte sie Erfolg.
Kein entschuldbares Verhalten
Nach Ansicht des Revisionsgerichts ist eine Fahrerlaubnis immer dann zu entziehen, wenn sich aus der Tat ergibt, dass ein Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Dem Tatrichter stehe nämlich weder ein Ermessen zu, noch habe eine Verhältnismäßigkeits-Prüfung stattzufinden.
„Nur wenn sich die Tatumstände von denen eines Durchschnittsfalls deutlich abheben, kann in seltenen Ausnahmen von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgewichen werden. Derartige Gründe hat das Amtsgericht hier zu Unrecht angenommen“ – so das Oberlandesgericht. Denn der Umstand, dass der Beschuldigte sein Auto hatte stehen lassen und stattdessen mit einem E-Scooter unterwegs gewesen sei, könne ihn nicht entschuldigen.
Zum Schutz der Sicherheit im Straßenverkehr
Den Hinweis des Amtsgerichts, dass die Benutzung eines E-Scooters durch einen betrunkenen Fahrer andere Menschen nicht in gleichem Maße gefährde wie die Trunkenheitsfahrt eines Kfz-Fahrers, überzeugte die Richter nicht. Denn ein Sturz eines Fußgängers oder Radfahrers nach einem Zusammenstoß mit dem E-Scooter könne ganz erhebliche, unter Umständen sogar tödliche Verletzungen verursachen.
Unabhängig davon sei es möglich, dass stärker motorisierte Verkehrsteilnehmer einem betrunkenen E-Scooter-Fahrer ausweichen müssten und dadurch sich und andere Verkehrsteilnehmer gefährdeten.
Mit der Entziehung der Fahrerlaubnis solle daher nicht nur verhindert werden, dass der Täter im betrunkenen Zustand weiterhin Kraftfahrzeuge führe. Bezweckt werde vielmehr ganz allgemein der Schutz der Sicherheit des Straßenverkehrs.
Keine einheitliche Rechtsprechung
In der Frage, ob betrunkenen E-Scooter-Fahrern die Fahrerlaubnis entzogen werden darf, sind sich die Gerichte nicht einig.
Während manche Richter der Meinung sind, dass es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, ob ein Fahrerlaubnisentzug gerechtfertigt ist, gehen andere von der generellen Notwendigkeit eines Entzugs aus (VersicherungsJournal 12.3.2020, 22.4.2020, 24.2.2021,16.2.2022, 9.6.2022).
(Quelle VersicherungsJournal 07.06.2023)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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