07.08.2023
Tiefflieger bringt Pferd zu Fall, muss aber nicht voll haften

Verletzt sich ein auf einer Koppel befindliches Pferd, weil es wegen eines Tieffliegers scheut, so muss sich der Besitzer beim geforderten Anspruch auf Schadenersatz die Tiergefahr anrechnen lassen. Das hat das Oberlandesgericht Celle mit Beschluss vom 17. Oktober 2022 (14 U 114/22) entschieden.
Der sich auf einer Koppel befindliche Dressurhengst hatte wegen eines tieffliegenden Kampfflugzeugs gescheut. Dabei verletzte sich das Tier schwer. Der Hengst zog sich durch einen Sturz ein Beckentrauma zu.
Typische Tiergefahr wird vor Gericht angerechnet
Deshalb klagte der Tierhalter gegenüber dem Halter des Flugzeugs auf Schadenersatz im Sinne von § 33 Absatz 1 LuftVG. Die hielt der Jet-Halter zwar grundsätzlich für berechtigt. Er war allerdings der Meinung, dass der Pferdebesitzer gemäß § 254 BGB eine Mithaftung anrechnen lassen müsse. Bei dem Vorfall habe sich eine typische Tiergefahr im Sinne von § 833 BGB verwirklicht.
Dieser Rechtsauffassung schlossen sich sowohl das Landgericht Verden als auch das Celler Oberlandesgericht an. Die Richter gelangten zu dem Ergebnis, dass sich der Kläger im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Mithaftung aus der Tiergefahr seines Dressurhengstes in Höhe von 20 Prozent anrechnen lassen müsse.
Das ergebe sich aus der Art der Entstehung der Verletzung. Dabei habe, wie von der Beklagten behauptet, eine typische Tiergefahr mitgewirkt. Eine solche äußere sich in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbstständigen Verhalten.
Schreckhafte, unkontrollierte Bewegung war mit ursächlich
Die Selbstverletzung des Pferdes habe auf einer schreckhaften, unkontrollierten Bewegung beruht, die zu einem Sturz führte. Dadurch wiederum sei die von dem Kläger geltend gemachte Wertminderung zum Nachteil seines Vermögens eingetreten.
„Damit hat sich mangels Hinzutretens weiterer Personen und Ereignisse allein schon nach dem klägerischen Vortrag auch die Tiergefahr im Unfallgeschehen realisiert, weil das Tier seinen Sturz nicht willentlich vermeiden oder kontrollieren oder den durch das Flugzeug verursachten Lärm ‚einordnen‘ konnte“, so das Berufungsgericht.
Beim Sturz habe außerdem das Eigengewicht des Tieres eine Rolle gespielt. Dessen Besitzer müsse sich daher trotz der gemäß § 33 des Luftfahrtgesetzes verschuldens-unabhängigen Haftung die Tiergefahr seines Hengstes anrechnen lassen.
(Quelle VersicherungsJournal 23.05.2023)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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