09.08.2021
Wann der Kaskoversicherer für eine Überschwemmung zahlt

Ein Mann war mit seinem Auto bei starkem Regen in eine Unterführung gefahren und musste dort verkehrsbedingt anhalten. Er hat einen Anspruch auf Ersatz eines dabei entstandenen Schadens, wenn sein Fahrzeug durch ansteigendes Wasser beschädigt wird. Das geht aus einem Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 28. August 2020 hervor (6 U 58/19).
Der Kläger war mit seinem Personenkraftwagen bei starkem Regen in eine überschwemmte Unterführung eingefahren, als er dort verkehrsbedingt anhalten musste. Während dieser Zeit stieg das Wasser weiter an.
Dadurch entstand an dem Fahrzeug ein Schaden. Der Kaskoversicherer des Mannes weigerte sich jedoch, diesen zu ersetzen. Er warf dem Versicherten unter anderem vor, grob fahrlässig gehandelt zu haben, als er trotz der erkennbaren Überschwemmung in die Unterführung einfuhr.
Dieser Argumentation schlossen sich aber weder das in erster Instanz mit dem Fall befasste Berliner Landgericht noch das von dem Versicherer in Berufung angerufene Kammergericht der Stadt an. Die Richter waren übereinstimmend der Meinung, dass der Kaskoversicherer zur Leistung verpflichtet ist.
Letzte Schadensursache
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bestehe im Rahmen einer Kaskoversicherung zwar nur unter bestimmten Bedingungen Versicherungsschutz. Dies treffe zu, wenn zwischen einer durch ein Naturereignis bedingten Einwirkung von Wasser und deren Erfolg, also der Beschädigung oder Zerstörung eines Fahrzeugs, keine weitere Ursache liegt.
Diese Voraussetzung sei in dem entschiedenen Fall jedoch erfüllt. Denn obwohl der Autofahrer in die überschwemmte Unterführung eingefahren sei, sei die letzte und einzige Schadensursache die Einwirkung des nicht ablaufenden Wassers auf seinen Pkw gewesen.
Auch den Vorwurf grober Fahrlässigkeit hielten die Richter für unbegründet. Denn unmittelbar vor dem Kläger hatten nachweislich auch andere Fahrzeuge die Unterführung passiert, ohne dass es an diesen zu Schäden gekommen war.
Der Schaden an dem klägerischen Wagen sei vielmehr darauf zurückzuführen gewesen, dass er verkehrsbedingt anhalten musste und während dieser Zeit ansteigendes Wasser in sein Auto eindrang.
Leistung auch bei „Motorschlag“
Bei dieser Gelegenheit wies das Berliner Kammergericht auch auf einen weiteren Umstand hin. So hätte der Versicherer den Schaden auch dann regulieren müssen, wenn der Motor des Pkws beim Hineinfahren in die Wasseransammlung durch einen sogenannten „Motorschlag“ beschädigt worden wäre, bei dem der Motor Wasser ansaugt.
„Denn der Anprall auf eine Wasserfläche mit einem Fahrzeug ist nicht anders zu würdigen, als der Anprall gegen einen festen Gegenstand. In beiden Fällen liegt ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis vor“, so das Gericht.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe war im Oktober 2019 in einem vergleichbaren Fall zu der gleichen Einschätzung gelangt, wie das Berliner Kammergericht (VersicherungsJournal 17.6.2020).
(Quelle VersicherungsJournal 02.08.2021)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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