Ein Anspruch auf Ausstellung einer elektronischen Gesundheitskarte besteht in der Regel nur dann, wenn der Krankenkasse ein Lichtbild ohne Kopfbedeckung zur Verfügung gestellt wird. Das hat das Sozialgericht Hamburg mit Beschluss vom 14. Juli 2020 im Rahmen eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entschieden (S 30 KR 1024/20 ER).
Der Antragsteller stritt sich seit gut drei Jahren mit seinem Krankenversicherer um das Ausstellen einer elektronischen Gesundheitskarte. Die wurde ihm verweigert, weil er seiner Krankenkasse ausschließlich Lichtbilder mit einer Kopfbedeckung, zuletzt mit einer Weihnachtsmütze, zur Verfügung gestellt hatte.
Wollte der Versicherte zum Arzt gehen, so wurde ihm in jedem einzelnen Fall eine Ersatzbescheinigung ausgestellt. Dieses Verfahren wollte er nicht länger hinnehmen. Er zog daher vor Gericht. Dort trug er vor, dass sich viele Mediziner weigern würden, ihn ohne Vorlage einer elektronischen Gesundheitskarte zu behandeln.
Die Ausstellung einer solchen Karte dürfe ihm im Übrigen allein schon deswegen nicht verweigert werden, weil er auf den eingereichten Fotos gut zu erkennen sei. Außerdem sei in den Richtlinien zur Ausstellung einer elektronischen Gesundheitskarte nicht festgelegt, dass er ein Foto ohne Kopfbedeckung einreichen müsse.
Beurteilungsspielraum
Diese Argumentation vermochte das Hamburger Sozialgericht nicht zu überzeugen. Es wies den Antrag des Versicherten auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab.
Die Richter schlossen sich der Meinung des Krankenversicherers an. Dieser argumentierte, dass für das erforderliche Lichtbild trotz einer nicht eindeutigen gesetzlichen Regelung die gleichen Vorschriften anzuwenden seien, wie für die Ausstellung von Personalausweisen. Auch dafür sei mit nur einer Ausnahme ein Foto ohne Kopfbedeckung erforderlich.
Den Krankenversicherern bleibe außerdem ein Beurteilungsspielraum, ob ein Foto für den Zweck eines zweifelsfreien Nachweises geeignet sei oder nicht. Dies gelte, selbst wenn man davon ausgehen würde, dass ein Lichtbild für eine elektronische Gesundheitskarte nicht zwingend den Vorgaben der Passverordnung entsprechen müsse.
Die elektronische Gesundheitskarte diene als Versicherungsnachweis. Durch das verwendete Lichtbild müsse folglich eine eindeutige Identifizierung des Karteninhabers ermöglicht werden. Denn nur so könne die missbräuchliche Verwendung der Karte verhindert werden.
Legitimes Interesse
Bei einem Bild mit einer Kopfbedeckung könnten im Zweifel bestimmte charakteristische Merkmale des Versicherten, wie etwa die Form seines Haaransatzes, nicht oder nur schlecht erkannt werden. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Karte einen schnellen Abgleich der Identität ermöglichen solle.
Es bestehe daher ein legitimes Interesse der Krankenkassen an einer gewissen Vereinheitlichung des Erscheinungsbildes der Gesundheitskarte. Dahinter müsse das Interesse eines Versicherten, durch eine Kopfbedeckung zum Beispiel individuelle Botschaften zum Ausdruck bringen zu wollen, zurückstehen.
Dem stehe die Tatsache, dass Bilder mit einer Kopfbedeckung in Einzelfällen aus religiösen Gründen zulässig seien, nicht entgegen. Im Übrigen sei das Tragen einer Weihnachtsmütze auf einem Identifikationsnachweis derart ungewöhnlich, dass Zweifel an der Echtheit des Nachweises aufkommen könnten.
Dass der Antragsteller seinem Versicherer ein derartiges Foto eingereicht habe, lasse den Schluss zu, dass es ihm vor allem um eine Provokation und um eine Verächtlichmachung der Vorgaben für das Lichtbild gegangen sei. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei daher unbegründet.
(Quelle VersicherungsJournal 04.02.2021)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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