Ein an einem abgesenkten Bordstein wartepflichtiger Fahrzeugführer war mit einem bevorrechtigten Auto des fließenden Verkehrs kollidiert. In diesem Fall trifft ihn regelmäßig das Alleinverschulden an dem Unfall. Das hat das Landgericht Köln mit Urteil vom 26. Mai 2020 entschieden (11 S 230/19).
Der Entscheidung lag der Fall eines Autofahrers zugrunde, der aus einer nur für Anlieger freigegebenen Straße in eine Querstraße abbiegen wollte. Dazu musste er einen im Einmündungsbereich befindlichen abgesenkten Bordstein überqueren.
„Rechts vor links“?
Bei dem Abbiegevorgang kollidierte er mit dem von links kommenden Fahrzeug des Beklagten. Denn er war davon ausgegangen, dass in dem Bereich die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ gelten würde. Darin fühlte er sich dadurch bestärkt, dass ein anderer Autofahrer angehalten hatte, um ihm Vorrang zu gewähren. An dessen Wagen war der Beklagte jedoch von hinten kommend vorbeigefahren.
Anders als das in erster Instanz mit dem Fall befasste Kölner Amtsgericht hielt das Landgericht der Rheinmetropole den von rechts kommenden Pkw-Lenker allein für den Unfall verantwortlich. Es wies die Klage der Fahrzeughalterin auf Ersatz des ihr durch die Kollision entstandenen Schadens als unbegründet zurück.
Denn ein Fahrzeugführer, der über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren will, habe sich gemäß § 10 Satz 1 StVO so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.
Das Gesetz stelle nicht darauf ab, „in welchem Zusammenhang und mit welcher Zielrichtung ein abgesenkter Bordstein auftritt, der beim Einfahren auf die Fahrbahn überfahren wird.“
Eindeutige Vorfahrtsverletzung
In dem nicht durch Schilder gesicherten Einmündungsbereich habe folglich nicht die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ gegolten. Auch die Tatsache, dass die bauliche Gestaltung der Einmündung möglicherweise allein der Verkehrsberuhigung dienen sollte, ändere daran nichts.
Maßgeblich sei ausschließlich, ob für den fließenden und den einmündenden Verkehr erkennbar war, dass ein niedrigerer, also im Verhältnis zum angrenzenden Bereich abgesenkter Bordstein zu überfahren sei. Davon müsse nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in dem entschiedenen Fall ausgegangen werden.
Nach Ansicht der Richter kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass der Beklagte das Auto, welches ihrem Pkw Vorrang gewähren wollte, überholt hat. Denn sein Vorrang habe sich auf die gesamte Breite der von ihm befahrenen Straße erstreckt.
(Quelle VersicherungsJournal 21.12.2020)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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