Einem Fahrradfahrer, der mit einer Blutalkohol-Konzentration von mehr als 1,6 Promille ertappt wird und der ein medizinisch-psychologisches Gutachten nicht fristgerecht vorlegt, kann zu Recht verboten werden, auch fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge im Straßenverkehr zu führen. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt a.d. Weinstraße mit Urteil vom 12. August 2020 entschieden (1 K 48/20.NW).
Der Kläger war im Mai 2018 mit seinem Fahrrad unterwegs, als er von der Polizei kontrolliert wurde. Diese war von Zeugen gerufen worden, denen die auffällige Fahrweise des Radfahrers aufgefallen war.
Den Beamten gegenüber räumte der Mann ein, zuvor drei bis vier Weinschorle getrunken zu haben. Eine Blutprobe ergab schließlich eine Blutalkohol-Konzentration von 2,21 Promille. Gegen den Mann wurde daher ein Strafbefehl erlassen.
Medizinisch-psychologische Untersuchung verweigert
Als die Fahrerlaubnisbehörde von der Sache erfuhr, forderte sie den ertappten Radfahrer dazu auf, sich einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu unterziehen. Dem kam er nicht nach. Ihm wurde daraufhin die Nutzung jeglicher, auch fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge wie zum Beispiel Fahrräder oder Roller, im öffentlichen Straßenverkehr untersagt.
Diese Maßnahme hielt der Mann für überzogen. Denn die Behörde habe nicht berücksichtigt, dass er erstmalig mit einem Fahrrad im Straßenverkehr auffällig geworden sei.
Auf seinen Drahtesel sei er für Außenkontakte, Arztbesuche und zur Versorgung seiner Mutter angewiesen. Im Übrigen habe er sich aufgrund finanzieller Probleme nicht leisten können, ein medizinisch-psychologisches Gutachten einholen zu lassen.
Nicht zum Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr geeignet
Doch das vermochte das letztlich mit dem Fall befasste Verwaltungsgericht Neustadt nicht zu erweichen. Es wies die Klage des Mannes wegen des gegen ihn verhängten Verbots als unbegründet zurück.
Gemäß § 13 Absatz 2 c FeV dürfe eine Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens dann anordnen, wenn ein Fahrzeugführer mit einer Blutalkohol-Konzentration von 1,6 Promille oder mehr ertappt werde. Werde das Gutachten nicht oder nicht fristgerecht vorgelegt, sei der Schluss gerechtfertigt, dass der Betroffene nicht zum Führen von Fahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr geeignet ist.
Erklärungen des Klägers kamen nicht durch
„Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Teilnahme mit einem Fahrrad am öffentlichen Straßenverkehr mit Blutalkohol-Konzentration von mehr als 1,6 Promille die Fahreignung insgesamt, das heißt auch für fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge, in Frage stellt, und die medizinisch-psychologische Untersuchung auch gegenüber Personen, die nicht über eine Fahrerlaubnis verfügen, ohne Rücksicht auf die Einzelfallumstände zulässig und insbesondere nicht unverhältnismäßig ist“, so das Gericht.
Die Behauptung des Klägers, er sei finanziell nicht in der Lage, ein Gutachten beizubringen, ändere daran ebenso wenig etwas, wie seine Bekundung, dass er im Alltag auf sein Fahrrad angewiesen sei.
Öffentliches Interesse an der allgemeinen Sicherheit
Diesen Belangen stehe nämlich das sehr hoch zu bewertende öffentliche Interesse an der allgemeinen Sicherheit im Straßenverkehr entgegen. Die Gefahren, die von alkoholisierten Radfahrern ausgingen, seien nicht unerheblich. Sie könnten zu schwerwiegenden Schäden führen.
Im Übrigen sei das vollständige Nutzungsverbot von Fortbewegungsmitteln im Straßenverkehr auch unter Berücksichtigung der Grundrechte des Klägers rechtlich nicht zu beanstanden. Zu jenen zählten die Richter insbesondere die allgemeine Handlungsfreiheit sowie eine Basismobilität durch die grundsätzlich voraussetzungslose Nutzung eines Fahrrades.
(Quelle VersicherungsJournal 09.10.2020)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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